Im Dialog

„Die Branche erlebt einen Innovations­schub.“

Interview mit Stefan Vogelkamp, Geschäftsführer von Brangs + Heinrich - Zitat: Die Branche erlebt einen Innovationsschub.

In seiner 150-jährigen Firmengeschichte ist Brangs + Heinrich zu einem der führenden Händler und Verpackungsspezialisten in Europa gewachsen, der sich stets an den Anforderungen des Marktes sowie seinen Kunden orientiert und so erfolgreich innovative Produkte entwickelt. Geschäftsführer Stefan Vogelskamp sprach mit uns über Innovationskraft und -druck in der Branche, über Kunststoff als Teil der Lösung und über den Anspruch, Vorreiter in einem wettbewerbsintensiven Umfeld zu sein. 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Innovationsdynamik in der Kunststoff- und Verpackungsbranche? 

Der Markt entwickelt sich sehr dynamisch und hat unter anderem durch die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) enorm an Innovationskraft gewonnen. Endlich kommt Bewegung in Themen wie Recycling, Materialalternativen und Kreislaufwirtschaft. Diese waren zwar bekannt, jedoch sind die nötigen Investitionen lange ausgeblieben, weil es einfacher und günstiger war, Virgin-Material einzusetzen. Jetzt erlebt die Branche einen Innovationsschub, den wir bei Brangs + Heinrich aktiv nutzen. Wir greifen Trends und vielversprechende Ansätze auf, hinterfragen diese jedoch auch. Forschung und Entwicklung spielen für uns dabei eine wichtige Rolle. 

 

Bild Stefan Vogelskamp
Brangs+Heinrich GmbH

Über Stefan Vogelskamp

Stefan Vogelskamp verfügt über 37 Jahre Erfahrung in der Branche. Nach seiner Ausbildung durchlief der Handelsfachwirt bei Brangs + Heinrich mehrere Funktionen und Verantwortungsbereiche in Vertrieb, Einkauf und Marketing. Als Geschäftsführer und Gesellschafter lenkt er heute den operativen Bereich und das Produktmanagement. Seine Schwerpunkte liegen auf Nachhaltigkeit, Automatisierung und kontinuierlicher Optimierung von Verpackungsprozessen. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs ProStretch der IK und ehrenamtlich als Delegierter des GKV Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. tätig. 

Wie genau identifizieren Sie Trends im Verpackungsmarkt, um diese in Lösungen zu übersetzen?  

Mit unserer großen Anzahl an regionalen Niederlassungen nutzen wir logistische Vorteile im Wettbewerb mit Herstellern. Unser Ansatz entspricht dabei klassischem C-Teile-Management: Wir lagern unser breites Sortiment an Industrieverpackungen möglichst nah am Kunden, effizient und wirtschaftlich. Diese Kundennähe verschafft uns wertvolle Einblicke in sich ändernde Marktbedürfnisse, die wir im Dialog zu verstehen lernen. Parallel beschäftigt sich unser Produktmanagement mit Markttrends. Dabei arbeiten wir eng mit Herstellern zusammen und entwickeln Produkte, die wir auch unter unserer Eigenmarke vermarkten. So bleiben wir sowohl auf der Einkaufsseite nah an den Lieferanten als auch auf der Verkaufsseite nah am Kunden mit seinen Bedürfnissen. Zusätzlich gibt es unsere eigene Verpackungsentwicklung, mit der wir Anforderungen simulieren und passende Lösungen entwickeln können. Darüber hinaus engagieren wir uns an Prozessentwicklungen, um sicherzustellen, dass das Material verfügbar bleibt oder wieder verfügbar wird: Mit unserem Closed-Loop-Recycling haben wir ein Konzept geschaffen, um Kunststoffabfälle zurückzuführen und als Recyclingfolien wieder nutzbar zu machen. 

Der Kreislauf des Kunststoff-Recycling in der Animation erklärt. Angefangen bei den Rohstoffen, über die Produktion, Herstellung und Benutzung bis hin zum recyceltem Endprodukt.

Welche Trends werden die Zukunft der Verpackungsindustrie in den kommenden Jahren am stärksten prägen – und wie stellen Sie Ihr Unternehmen darauf ein? 

Neben Nachhaltigkeit werden Automatisierung und Digitalisierung die Zukunft der Verpackungsindustrie maßgeblich beeinflussen. Der zunehmende Fachkräftemangel und vermehrte Effizienzerfordernisse treiben die Automatisierung von Verpackungsprozessen weiter voran. Die Digitalisierung vereinfacht nicht nur Beschaffungs- und Logistikprozesse, sondern verändert auch die Kommunikation mit Kunden, das ist für uns ein klarer Wettbewerbsvorteil. Wir haben die Zahl unserer IT-Mitarbeiter verdreifacht, um Schnittstellen und damit die Anbindung von Kunden besser umzusetzen. Über unser B2B-Portal können diese dann nicht nur Standard-, sondern auch individuelle Produkte digital bestellen. So lassen sich Prozesse individualisieren, gleichzeitig aber verschlanken und vereinfachen, was ein klassisches C-Teile-Management in moderner Form darstellt. 

 

Was ist C-Teile-Management?

Im Einkauf unterscheidet man A-, B- und C-Teile nach ihrem Wert und Beschaffungsaufwand. A-Teile sind  strategisch wichtige Waren mit hohem Wert– und geringem Mengenanteil wie Maschinenmotoren, B-Teile regelmäßig benötigte Bau oder Ersatzteile. Bei C-Teilen handelt es sich um Verbrauchsmaterialien von niedrigem Wert in großen Mengen. Dazu gehören etwa Schrauben oder auch Verpackungsmaterialien. Sie sind in Unternehmen für den Produktionsprozess notwendig, stellen aber keinen direkten Wert im Endprodukt dar. Ihre optimierte Beschaffung, Lagerung und Nutzung wird auch als C-Teile-Management bezeichnet. 

Wie lassen sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit aus Ihrer Sicht langfristig verbinden, ohne Kompromisse bei Funktionalität oder Produktschutz einzugehen? 

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind kein Widerspruch. Wir bieten zum Beispiel neben Verpackungsfolien und Stretchfolien mit hohen, zertifizierten Recyclinganteilen auch extrem dünnwandige Hochleistungsfolien ab 4 µm an. Diese senken nachhaltig den Materialverbrauch und effizient die Verpackungskosten bei gleicher Funktionalität und gleichem Produktschutz.  

 

Nachhaltigkeit muss dabei immer von oben gedacht werden: Welche Materialien setzt der Kunde bisher ein, welche Ziele verfolgt er, welche Regularien gelten? Letztendlich entscheidet der Kunde anhand seiner Nachhaltigkeitsziele, welche Lösungen für ihn ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind. Uns ist dabei wichtig, Materialien nicht nur ökologisch zu bewerten, sondern auch in Bezug auf Produktschutz, Anwendung und Wirtschaftlichkeit. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Wahrnehmung der Kunden unserer Kunden in Bezug auf Kreislaufwirtschaft, Emissionen und Nachhaltigkeit. Sie ist oft ein Entscheidungskriterium für oder gegen bestimmte Verpackungen. 

 

Kernfunktionen und Nutzen von Plastik verpackung - Produktschutz Verbraucherschutz Ressourcen schonen Marketing Verbraucher-information

Welche Rolle spielt Kunststoff in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und wie wird die Kunststoffindustrie in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte stärker als Teil der Lösung wahrgenommen? 

Kunststoff bietet so viele Möglichkeiten und Vorteile. Wir haben zu lange versucht, Menschen klarzumachen, dass sie bei seiner Bewertung falsch liegen. Stattdessen müssen wir die Vorteile viel stärker in den Vordergrund stellen, die nachweislich existieren – vorausgesetzt, wir setzen die Kreislaufwirtschaft vernünftig um. Wir müssen in der aktuellen Diskussion Teil der Lösung sein und weniger über Probleme sprechen. Wir haben sehr gute Argumente, wenn wir – wie wir es im Verband bereits erfolgreich tun – die Tatsachen sauber kommunizieren und uns von der oft politisch getriebenen Sichtweise auf Kreislaufwirtschaft lösen. 

 

Welche Entwicklungen werden Ihrer Meinung nach in den nächsten fünf Jahren den größten Einfluss auf Effizienz, Kostenstruktur und Marktposition haben und wie bereitet sich Brangs + Heinrich darauf vor? 

Mehrwegverpackungen hey circle
Brangs+Heinrich GmbH

Mit der Einführung der PPWR kommt im nächsten Jahr eine Vielzahl von regulatorischen Herausforderungen auf die Branche zu. Neben Zielen zur Abfallreduzierung und neuen Standards zur Recyclingfähigkeit schreibt sie gestaffelte Recycling- und Mehrwegquoten vor. Dafür sind neuartige, kreislauffähige Packstoffe nötig, die sich auf Verpackungsmaschinen problemlos verarbeiten lassen. Wir müssen umfangreiche Investitionen in die Sammlung, Sortierung und die Aufbereitung von Kunststoffabfällen tätigen, um die erforderlichen Recyclingkapazitäten aufzubauen, ansonsten sind die ambitionierten Recyclingquoten nicht zu erfüllen. Zudem haben wir uns bereits vor zwei Jahren an dem Münchener Startup hey circle beteiligt, einem Anbieter von Mehrwegsystemen für den Onlineversand und die Intralogistik, um auch Mehrwegverpackungen anbieten zu können. Denn beim Thema Mehrweg sehen wir große Einflüsse sowohl auf die Kostenstruktur als auch auf die Außenwirkung. 

Welche Chancen sehen Sie in dieser Veränderung durch die PPWR und wo braucht es pragmatischere Ansätze?

Rezyklate
Brangs+Heinrich GmbH

Chancen eröffnet vor allem der hohe Transformationsdruck auf die Branche, was die Innovationskraft steigert. Neue kreislauffähige Packstoffe sowie Mehrwegsysteme werden entwickelt und bieten große Potenziale. Einheitliche Vorgaben in Europa schaffen zudem endlich Planungssicherheit für die notwendigen Investitionen und sorgen für vergleichbare Wettbewerbsbedingungen.

 

Gleichzeitig sind viele Punkte noch ungeklärt, etwa beim chemischen Recycling, der Verfügbarkeit von Rohstoffen für das Recycling und bei Rezyklaten oder beim Umgang mit grenzüberschreitenden Rezyklatströmen, vor allem zwischen Europa und Asien. Diese Fragen müssen in den kommenden Monaten geklärt werden, um die Vorteile der PPWR auch wirklich nutzen zu können. Erst dann lassen sich bessere Investitionsentscheidungen im Recycling und in verwandten Bereichen treffen. Die IK arbeitet intensiv an diesen Fragestellungen mit. Diese Verbandsarbeit hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Politik überhaupt erneut mit den Themen befasst. Gerade in diesen Zeiten zeigt sich die Notwendigkeit einer starken Interessensvertretung unserer Branche.

Brangs + Heinrich
Brangs+Heinrich GmbH

Über Brangs + Heinrich

Brangs + Heinrich ist einer der führenden Verpackungsspezialisten und Verpackungsgroßhändler Europas. Das Unternehmen bietet das gesamte Spektrum von papier- und kunststoffbasierten Verpackungsmaterialien und entwickelt maßgeschneiderte, nachhaltige Lösungen. Als inhabergeführtes Familienunternehmen in der vierten Generation mit zehn internationalen Standorten vereint Brangs + Heinrich die Erfahrung aus 150 Jahren mit modernen, zukunftsorientierten Konzepten. Ziel ist es, Verpackungsprozesse mit innovativen Lösungen und ganzheitlichen Logistikkonzepten effizienter zu gestalten und nachhaltig zu optimieren. 

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