Die Kunststoffindustrie befindet sich in einer Phase der Transformation, getrieben von Innovation, Regulierung und gesellschaftlichem Wandel. Dabei verfolgt die Branche immer das Ziel, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Ob Fortschritte im mechanischen Recycling, neue Mehrwegsysteme oder die Umsetzung des ZSVR-Mindeststandards 2025: Die Industrie arbeitet unter Hochdruck an Lösungen, die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit verbinden. Die folgenden Beispiele zeigen, dass Kunststoff ein wichtiger Teil der Lösung ist.
Fortschritte im mechanischen Recycling
Mechanisches Recycling ist ein zentraler Baustein für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Mit Flexloop präsentieren Lindner und Procter & Gamble eine neuartige Technologie für dieses Recyclingverfahren. Es kombiniert eine herkömmliche mechanische Vorreinigung mit einem lösungsmittelbasierten Extraktionsschritt, der gezielt unerwünschte Stoffe und Gerüche entfernt. So werden nicht absichtlich eingetragene Substanzen (NIAS) wie Pestizide, aber auch Klebstoffe oder Druckfarben, effizient extrahiert. Mit dieser Reinigung als Grundlage kann ein hochreines Recyclinggranulat entstehen, das selbst für sensible Verpackungsanwendungen geeignet ist, die bislang Neuware vorbehalten waren. Das Beispiel zeigt, wie eine gelungene Zusammenarbeit von Industrie und Maschinenbau dabei unterstützt, die dringend benötigte Rezyklatmenge zu steigern und somit Recycling und Kreislaufwirtschaft voranzutreiben.
Recyclingfortschritte für den Bereich Medizin
Ein Beispiel für Kunststoffverpackungen in sensiblen Bereichen sind medizinische Produkte. Hier sind sie unverzichtbar, allerdings stellen Entsorgung und Recycling eine Herausforderung dar: In Europa werden jedes Jahr rund 1.700 kt nicht kontaminierter medizinischer Abfälle aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) verbrannt, obwohl diese Materialien technisch recycelt werden könnten. Gemeinsam haben nun Sabic, Coveris, das Zuyderland Medical Centre, Artivion und weitere Partner ein Modell geschaffen, das aus Krankenhausabfällen kontaktempfindliche Verpackungen herstellt. Kunststoffabfälle ohne Kontamination, die bislang nicht eigens gesammelt, sondern verbrannt wurden, werden nun getrennt gesammelt. Sabic wandelt diese in Pyrolyseöl um und produziert daraus für medizinische Standards zertifiziertes zirkuläres PE. Coveris verarbeitet das Material weiter: In der Stadt Halle wird Folie extrudiert, in Rohrdorf entstehen daraus sterile Beutel und Artivion setzt diese zur Verpackung von Führungsdrähten für die Gefäßchirurgie ein.
Recylingfähigkeit in die Anlage integrieren
Für den Bereich Produktion präsentiert SML auf der K 2025 ein Beispiel, wie sich Materialinnovationen und Recyclingfähigkeit verbinden lassen. Die Entwicklungen im Bereich der MDO-Gießtechnologie für flexible Verpackungen umfassen Anlagenlösungen, die mechanische Leistungsfähigkeit, optische Qualität und Recyclingfähigkeit kombinieren. Dazu zählt etwa eine neu entwickelte, unlaminierte PE-Folie für Tiefkühlanwendungen.
Mehrweg Innovationspreis 2025
Neben Recycling ist Mehrweg ein zentraler Parameter für nachhaltiges Leben und Wirtschaften. Der Mehrweg Innovationspreis 2025, ausgelobt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Stiftung Initiative Mehrweg, hat in diesem Zusammenhang unter anderem zerooo und Sea Me GmbH prämiert: Gemeinsam haben die beiden Unternehmen ein skalierbares Mehrwegsystem für Kosmetik- und Drogerieartikel auf den Markt gebracht, die erste serielle PET-Mehrwegflasche der Branche. Im Vergleich zu anderen Einwegverpackungen lassen sich so bis zu 50 Prozent Energie, CO2 und Wasser sparen.
Studie: Privathaushalte erwarten Nachhaltigkeit
Bei Verpackungen erwarten Konsumentinnen und Konsumenten heute umweltfreundliche Lösungen, wollen aber keine Kompromisse bei Nutzbarkeit oder Hygiene eingehen.
Laut der aktuellen Studie „Sustainable Product Packaging“ der globalen Strategieberatung Simon-Kucher sehen 66 Prozent der Befragten Müllvermeidung als zentrales Merkmal nachhaltiger Verpackungen. 63 Prozent verbinden nachhaltige Verpackungen mit einer positiven Markenwahrnehmung, und 54 Prozent sind bereit, dafür mehr zu bezahlen.
Zudem begrüßen 74 Prozent der Befragten Gesetze zur Verpackungsvermeidung, während 62 Prozent zwar optische Einbußen akzeptieren, nicht aber Abstriche bei Haltbarkeit oder Hygiene. Innovative Kunststoffverpackungen erfüllen diese Anforderungen, sowohl was Recyclingfähigkeit, Materialeffizienz und ökologische Anforderungen angeht, als auch mit Blick auf die hohen Erwartungen an Schutz und Hygiene.
ZSVR-Mindeststandard 2025: 70 Prozent stoffliche Verwertung als Ziel
Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) setzt mit dem Mindeststandard 2025 den politischen und regulatorischen Rahmen für recyclinggerechte Verpackungen in Deutschland. Dieser konkretisiert das Ziel, bis 2030 eine stoffliche Verwertbarkeit von 70 Prozent zu erreichen, und definiert damit klare Anforderungen an Design, Materialwahl und Kennzeichnung von Verpackungen.
Forschungsprojekt Innoredux: Neue Perspektiven auf Verpackungen
Kunststoffverpackungen im Wandel: Aufholjagd bei Recyclingquoten / Trendwende beim Verbrauch