Kunststoff-Wissen

Digitaler Produktpass: Der Personalausweis für Verpackungen

Frau im Supermarkt prüft mit ihrem Handy verpacktes Produkt aus der Tiefkühltheke.
iStock | SDI Productions

Die Ausweispflicht für Verpackungen kommt und damit mehr Nachhaltigkeit und Transparenz: Der digitale Produktpass stellt standardisierte Produktinformationen per Scan bereit, von der Materialzusammensetzung bis zur Recyclingfähigkeit und verbindet damit alle Akteure der Wertschöpfungskette. Das erleichtert regulatorische Nachweise, optimiert Lieferketten, stärkt die Kreislaufwirtschaft und erschließt zusätzliche Nachhaltigkeitspotenziale.

Materialreduktion, alternative Rohstoffe, Mehrwegsysteme oder Selbstverpflichtungen: Die Verpackungsindustrie setzt sich seit Langem gezielt dafür ein, Verpackungen nachhaltiger zu gestalten. Fortschritte und Innovationen sind bereits deutlich sichtbar, trotzdem gibt es noch einige Herausforderungen zu lösen. So fehlt es den Akteuren entlang der Wertschöpfungskette für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft an Transparenz: Verbraucherinnen und Verbraucher, der Handel oder Entsorgungs- und Recyclingbetriebe erhalten oft keine detaillierten Informationen zu Materialien, Herkunft, Reparierbarkeit oder Recyclingmöglichkeiten der Verpackungen. Die Folge: Zu viele Verpackungen enden als Abfall statt als Recyclingmaterial. Doch dafür gibt es nun eine Lösung – mithilfe von Technologie.

 

Ab 2027 führt die EU schrittweise einen digitalen Produktpass für viele Branchen und Produkte ein. Grundlage dafür ist die Ökodesign-Verordnung, die europaweit Anforderungen an die umweltgerechte und nachhaltige Gestaltung von Produkten festlegt. Mit dem Produktpass lässt sich der Lebenszyklus eines Produkts lückenlos nachvollziehen. Betroffen sind Produkte fast aller Branchen, die in der EU hergestellt, in Betrieb genommen oder verkauft werden. Beginnend mit Batterien, Textilien und Elektrogeräten sollen bis 2030 weitere Produktgruppen ihren Personalausweis erhalten, etwa Bauprodukte, Möbel, Reifen, Waschmittel, Chemikalien und Verpackungen.

Was ist ein digitaler Produktpass?

Produktdaten stehen entlang der Wertschöpfungskette meist in unternehmensinternen Datensilos zur Verfügung, auf die nicht alle Stakeholder Zugriff haben. Der digitale Produktpass bricht diese Datensilos auf: Als Datensatz stellt er standardisierte Informationen zu einem Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg für alle relevanten Akteure transparent digital bereit.

Welche Informationen im Pass verpflichtend sind, ist vom Produkt abhängig.

Sie umfassen beispielsweise:

  • Herkunft und Zusammensetzung der Materialien
  • Herstellungsprozesse und Bedingungen
  • Stationen entlang der Lieferkette
  • Technische Spezifikationen
  • Informationen zu Recyclingfähigkeit und Entsorgung
  • Umwelt- und Sozialindikatoren, wie CO₂-Fußabdruck oder Einhaltung des Lieferkettengesetzes
  • Zertifikate, Compliance-Dokumente, gesetzliche und regulatorische Informationen
  • Montage-, Reparatur- und Betriebsanleitungen
  • Freiwillige Informationen

 

Um diese Informationen unkompliziert und schnell bereitzustellen, nutzt der Produktpass moderne Technologien wie QR-Codes, NFC-Tags und RFID-Chips, die direkt am Produkt oder an der Verpackung angebracht sind. Marktakteure sowie Verbraucherinnen und Verbraucher können diese mit einem mobilen Endgerät abscannen und erhalten sofort Zugriff auf die Daten, um den Lebenszyklus des Produkts lückenlos nachzuvollziehen.

Frau mit Tablet läuft durch digitales Lager mit Regalen und eingeblendeten Datenanzeigen.
iStock | gorodenkoff

Von der Verpackung zum Informationsmedium

Für die Verpackungsindustrie eröffnet der digitale Produktpass nie dagewesene Chancen der Vernetzung – über Verpackungen als neue interaktive Touchpoints: Alle Akteure in der Wertschöpfungskette – Lieferanten, Hersteller, Händler, Verbraucherinnen und Verbraucher und Entsorger – profitieren von dieser zentral verfügbaren, stets aktuellen und nachvollziehbaren gemeinsamen Datengrundlage. Verbraucherinnen und Verbraucher können beispielsweise Informationen zur Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit der Verpackung abrufen, fundierte Kaufentscheidungen treffen oder Details zu Retouren- oder Pfandsysteme erhalten.

Für die Branche ergeben sich daraus vielfältige Potenziale:

 

  • Optimierte Liefer- und Wertschöpfungsketten: Alle Beteiligten – vom Rohstofflieferanten bis zur Entsorgung – liefern und erhalten standardisierte, kompatible Daten. So lassen sich Verpackungen eindeutig entlang der gesamten Lieferkette identifizieren und rückverfolgen, was zu einer besseren Kontrolle von Logistikprozessen, Kosten und Materialströmen führt. Dies erhöht die Effizienz und die Qualitätssicherung.

 

  • Förderung der Kreislaufwirtschaft: Der digitale Produktpass liefert Sortierhinweise und genaue Daten zu Materialzusammensetzung, Herstellungsprozessen und Recyclingfähigkeit von Verpackungen. So können beispielsweise Informationen zu Additiven und Beschichtungen, die die Recyclingfähigkeit beeinflussen, dokumentiert werden. Dies vereinfacht Entsorgung und Sortierung, steigert die Recyclingfähigkeit, ermöglicht das fachgerechte Recycling, minimiert den Einsatz neuer Ressourcen und reduziert die Abfallmenge.

 

  • Unterstützung von Compliance und Reporting: Relevante Daten zu Nachhaltigkeit, Zertifizierungen und zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben wie die Einhaltung von Umwelt- und Produktsicherheitsstandards lassen sich zentral dokumentieren und auf Abruf bereitstellen.

 

  • Bürokratieabbau: Die standardisierte Zusammenführung aller relevanten Daten und der schnelle Zugriff vereinfacht Compliance-Prozesse und die Zusammenarbeit mit Behörden.

 

  • Neue Geschäftsmodelle: Möglichkeit von Zusatzservices, optimierten Serviceprozessen und interaktiven Markenerlebnissen, beispielsweise durch Informationen zu Gewinnspielen, Retourenprozessen, Gebrauchsanweisungen oder Werbung.
Ich kann leider keine Bilder sehen oder analysieren. Um einen passenden Alt-Text für Ihr Bild zu erstellen, benötige ich eine Beschreibung des Bildinhalts. Falls Sie einen Alt-Text generieren möchten, können Sie: - **Das Bild beschreiben**: Teilen Sie mir mit, was auf dem Bild zu sehen ist (Personen, Objekte, Handlungen, Farben) - **KI-Tools nutzen**: Es gibt kostenlose Alt-Text-Generatoren, die Bilder automatisch analysieren und Beschreibungen in über 130 Sprachen erstellen[4] - **Manuelle Erstellung**: Beschreiben Sie prägnant den Bildinhalt in 80-100 Zeichen[18] Ein guter Alt-Text sollte den wesentlichen Inhalt und die Funktion des Bildes vermitteln, ohne unnötige Details zu enthalten[12].
iStock | LaymanZoom

Wie ein Reisepass für Rezyklate

Die gute Recyclingfähigkeit von Kunststoffen bleibt vor allem im Bereich der Lebensmittelverpackungen noch zu oft ungenutzt: Zwei Drittel werden zwar recycelt, jedoch werden nicht einmal neun Prozent der Sekundärkunststoffe erneut in Lebensmittelverpackungen eingesetzt. Ursachen dafür sind häufig die unklare Herkunft und die für den Lebensmittelkontakt möglicherweise kritischen vorherigen Stationen der Rezyklate. Ein digitaler Produktpass kann ähnlich wie ein Reisepass beides zweifelsfrei nachweisen, ebenso wie die für den Bereich wichtige Qualität und Zusammensetzung der Rezyklate. So lassen sich sowohl regulatorische Anforderungen erfüllen als auch ökologische Effizienz in der Praxis umsetzen.

Mehr als eine Vision

Die ganzheitliche Perspektive auf den Lebenszyklus und die umfassende Datenverfügbarkeit machen den digitalen Produktpass zu einem zentralen Wegbereiter für mehr Nachhaltigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der Verpackungsindustrie sowie zu einem Paradebeispiel für den Einfluss von Technologie auf deren Transformation. Verschiedene Initiativen und Projekte arbeiten bereits mit Hochdruck an seiner konzeptionellen und praktischen Ausgestaltung.

10 Liter-Farbeimer mit digitalem Produktpass von Jokey Group besteht teilweise aus Kunststoff-Rezyklat.
Jokey Group

Ein QR-Code auf der Verpackung ermöglicht die Nachverfolgbarkeit der Produktionsmaterialien.

Auch die Verpackungsindustrie positioniert sich als Vorreiter und bereitet sich auf die zukünftigen Anforderungen vor: So haben beispielsweise die Korozo Group und Henkel zusammen mit R-Cycle auf der FachPack 2024 erste flexible, recyclingfähige Verpackungen mit Digitalen Produktpässen vorgestellt.

 

Ebenfalls mit einem digitalen Produktpass von R-Cycle produziert der Spritzguss-Spezialist Jokey als einer der ersten Hersteller von starren Kunststoffverpackungen seit 2024 ein Serienprodukt mit der neuen Technologie: Die 10 Liter-Farbeimer der Marke Alpina Farben, eine Marke der DAW SE, werden dazu mit einem entsprechenden QR-Code versehen. Über diesen sind beispielsweise Informationen zu Materialien, chemischen Substanzen sowie zur recyclingfähigen und fachgerechten Entsorgung der Verpackung abrufbar.

Downloads

Artikel teilen

Artikel bewerten

Im Dialog

Die Interviewreihe rund um Kunststoff, Recycling, Klima- und Umweltschutz

Zu den Interviews